Felgen im Wohnmobil: Tragfähigkeits-Analyse | promobil

2022-09-03 00:44:51 By : Ms. Maryan Tsai

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promobil nimmt es mit den Gewichten schon immer ganz genau. Eine Frage läuft dabei etwas unter dem Radar: Was hält eigentlich eine Felge aus? Aufarbeitung eines verzwickten Themas.

"Die Hinterachse an unserem Reisemobil soll durch den Einbau einer Luftfeder aufgelastet werden. Dabei wollen wir den Austausch der Felgen vermeiden. Deshalb wäre es schön, wenn Sie uns genaue Angaben zur Tragfähigkeit der Fiat-Alufelge machen könnten. In der Fahrzeug-Betriebsanleitung finde ich dazu nichts." Leserbriefe wie der von Werner Weber machen auf ein Problem aufmerksam, das im ersten Moment ganz simpel scheint.

Für die Achsen und das gesamte Fahrzeug stehen die maximal zulässigen Gewichtswerte im Zulassungsschein und auf einer Plakette am Fahrzeug. Bis zu welchem Wert der Reifen belastet werden darf, ist an seiner Flanke als Lastindex abzulesen und kann dann mittels Tabelle in Kilogramm übersetzt werden. Dann sollte es doch eigentlich auch kein Problem sein, für das letzte Glied in der Kette, die Felge, eine Angabe für ihre maximale Lastgrenze zu bekommen, oder?

Auf der Außenseite der Felge steht in der Regel nur der Name des Felgen- oder Fahrzeugherstellers, aber auch auf der Innenseite wird man selten viel schlauer. Außer einer Prüfnummer oder einem Modellcode ist da meist auch nichts wirklich Erhellendes zu finden.

Okay, dann fragt man eben den Fahrzeughersteller, der muss diese Angabe schließlich vorliegen haben, da sie Teil der Homologation eines neuen Modells ist. Der Aufbauhersteller verweist dabei meist auf den Hersteller des Basisfahrzeugs, da in vielen Fällen die Original-Stahl- oder Leichtmetallfelgen zum Einsatz kommen.

Fragt man bei Fiat, bekommt man eine relativ klare, wenn auch nicht völlig zufriedenstellende Antwort. Ab dem Ducato Modell X 290, also ab Baujahr 2014, dürfen die Felgen immer mit höchstens der Hälfte der Tragfähigkeit der Hinterachse belastet werden – beim Light-Chassis sind das maximal 2000 kg, beim Heavy- oder Maxi-Fahrgestell 2500 kg. Das heißt also, alle Originalfelgen für das Light-Chassis – egal ob aus Stahl oder Leichtmetall – dürfen maximal 1000 kg tragen, beim Heavy 1250 kg.

Fiat Ducato: Fiat gibt für alle für den Ducato ab Werk lieferbaren Felgen, egal ob aus Stahl oder Leichtmetall, folgende Tragfähigkeiten an: Alle Felgen für das Light-Chassis, sowohl mit 15 als auch 16 Zoll, dürfen maximal 1000 kg tragen, alle für das Heavy-Chassis 1250 kg.

Ford Transit: Ford macht keine konkreten Angaben für die Tragfähigkeit der verschiedenen Originalfelgen, betont aber, dass sie stets höher ist als die maximale Traglast der darauf ab Werk montierten Reifen.

Mercedes Sprinter: Mercedes macht ebenfalls keine konkreten Angaben zur Tragfähigkeit der Originalfelgen, versichert aber, dass sie jeweils mindestens die halbe Tragfähigkeit der Achse abdecken, auf der sie ab Werk montiert sind.

Wer die Hinterachse seines Reisemobils auf Ducato-Chassis auflasten lassen möchte, bekommt daher schnell Probleme mit der Felgentragfähigkeit, da Fiat keine Reserven bei den Felgen vorsieht. Völlig unverhofft trifft das vor allem Besitzer des Light-Fahrgestells, die ihr Fahrzeug ab Werk mit den großen 16-Zoll-Rädern bestellt haben, und damit oft die gleichen tragfähigen Reifen aufgezogen haben, die auf den 16-Zoll-Felgen für das Heavy-Chassis üblich sind. Reifentraglasten von 1.300–1.400 kg sind bei diesem Reifenformat keine Seltenheit.

Doch die 16-Zoll-Light-Felge, etwa das beliebte, schwarz-silberne Alurad, das in der Ducato-Preisliste als Option 431 geführt wird, darf trotzdem nur maximal 1.000 Kilo tragen. Ein Wechsel auf die tragfähigeren Heavy-Felgen schließt sich dabei aus, weil diese über einen größeren Lochkreis (130 statt 118 mm) für die Radbolzen verfügen.

promobil-Leser Werner Weber ärgert sich aber auch, weil die gleiche Alufelge für das Light-Chassis bei freien Händlern mit Tragfähigkeiten von bis zu 1.150 kg angepriesen wird. Markus Mairon, Geschäftsführer beim Fahrwerksspezialisten Goldschmitt, warnt allerdings grundsätzlich davor, von der gleichen Optik zweier Felgen auf identische technische Eigenschaften zu schließen.

"Schon kleine Unterschiede in der Geometrie der Felge, etwa in der Dicke der Stege, können zu unterschiedlichen Tragfähigkeiten führen."

Es ist auch durchaus möglich, dass ein Basisfahrzeughersteller seine Erstausrüstungsfelgen, für die er meist mehrere Zulieferer hat, sicherheitshalber nur mit einer geringeren als der maximal möglichen Tragfähigkeit prüfen lässt – während der Felgenhersteller seinem Produkt mehr zutraut und es für den Nachrüstmarkt mit höherer Traglast abnehmen lässt.

So oder so muss sich der Endkunde an den Wert halten, den ihm der Felgenanbieter vorgibt. Besonders schwierig wird es bei Fahrzeugherstellern, die gar keine konkreten Angaben zur Tragfähigkeit ihrer Originalfelgen machen. Bei Mercedes heißt es da auf Nachfrage nur, dass die Felgen stets mindestens die Hälfte der zugehörigen Achslast erreichen, auf der sie montiert sind. Von Ford kommt die Aussage, dass die Felge immer mehr tragen kann als der ab Werk darauf aufgezogene Reifen (siehe auch Kasten links). Aber konkrete Maximalwerte werden nicht genannt und darum lässt sich auch nicht mit Sicherheit sagen, ob die Tragfähigkeit für eine nachträgliche Auflastung noch reicht oder nicht.

Mit dieser Geheimniskrämerei kämpfen auch die Sachverständigen von TÜV oder Dekra, die die Auflastung anschließend abnehmen müssen. Klaus Baltruschat, beim TÜV Süd unter anderem für die Prüfung von Felgen zuständig, erzählt, dass seine Kollegen an den Prüfstellen dann auch nur in verschiedenen in- und externen Datenbanken nach der fehlenden Angabe recherchieren können, aber auch dort nicht immer fündig werden. Dann hilft eigentlich nur noch, zusätzlich zur Auflastung auch noch in einen Satz Nachrüstfelgen mit höherer Tragfähigkeitsangabe zu investieren.

Markus Mairon schätzt, dass bei rund 80 Prozent aller Auflastungen, die jährlich bei Goldschmitt durchgeführt werden, auch tragfähigere Felgen nötig werden. Da es früher kaum solche tragfähigen Felgen in passender Größe – und vor allem im schicken Alu-Design – gab, begann Goldschmitt eigene speziell für Wohnmobile zu konstruieren. Heute können Interessenten aus einem breiteren Angebot verschiedener Hersteller auswählen (siehe Tabelle oben).

Doch wie gefährdet ist eine Felge wirklich, im Fahrbetrieb Schaden zu nehmen? Klaus Baltruschat resümiert aus seiner langjährigen Erfahrung und Marktbeobachtung, dass es in früheren Zeiten schon ab und an zu Felgenschäden in Form von Dellen oder Anrissen kam, wenn etwa ein überladenes Fahrzeug mit dem Rad durch ein Schlagloch rollte.

"Früher gab es häufiger Felgenschäden, wenn etwa zur Überladung noch ein Schlag durch eine Fahrbahnunebenheit hinzukam. Heute sind die Felgen im Allgemeinen stabiler und von höherer Qualität."

Durch moderne Konstruktionsmethoden, verbesserte Materialeigenschaften und umfassende Prüfverfahren ist die Stabilität und Qualität heutiger Felgen aber insgesamt höher einzuschätzen. Gefragt danach, ob es überhaupt noch vorkommt, dass Felgen bei der Prüfung durchfallen, meint er:

"Wenn, dann sind das meist Sportwagenfelgen, die besonders leicht und filigran konstruiert sind, um zu prüfen, ob das komplette Potential für das Rad bereits ausgeschöpft wurde."

Trotzdem bleibt die Frage, warum sich manche Fahrzeughersteller mit der Herausgabe dieser Angaben für ihre Originalfelgen so schwer tun? Offizielle Aussagen gibt es dazu nicht. Insider vermuten den Grund darin, dass es in früheren Zeiten bei Fahrzeugen mit maximaler Auflastung und mutmaßlicher Überladung zu Schäden kam, die am Ende trotzdem dem Basisfahrzeughersteller angelastet wurden. Ohne direkte Angabe zur zugesicherten Tragfähigkeit kann der "Schuldige" nicht so leicht bei der Felge gesucht werden.

Aber auch die Vorgaben der Abgasnormen legen den Fahrzeugherstellern ein immer engeres Korsett an – auch bezüglich der Freigabe alternativer Rad-Reifen-Kombinationen. Beispiel Ducato Light mit 3,5 Tonnen. Seit dem Modellwechsel 2014 ist es grundsätzlich möglich, ab Werk 15- oder 16-Zoll-Räder zu montieren – wie bereits erwähnt. Anfangs mit dem Euro-5-Motor war der Wechsel auf die größeren Exemplare auch nachträglich noch ohne Probleme möglich.

Seitdem Euro-6-Aggregate den Ducato antreiben, hat die Variante mit 15-Zoll-Rädern aber andere COC-Papiere als die 16-Zoll-Version. Es sind jeweils eigene Homologationen, weil sich die Radgröße auf den Verbrauch und damit das Abgasverhalten auswirken kann. So ist der nachträgliche Radwechsel jetzt nur noch per Einzelabnahme möglich, obwohl sich technisch an den Rädern nichts geändert hat.

Felgen gehören zu den sicherheitsrelevanten Bauteilen, darum müssen sie geprüft werden, bevor sie in den Verkehr gebracht werden dürfen. Die Felgenhersteller beauftragen damit zertifizierte Prüforganisation wie TÜV und Dekra, die die Felgen mehreren Tests unterziehen entsprechend der Felgenrichtlinie von 1998.

Die Testverfahren variieren dabei, je nach Fahrzeugart, für die die Felge gedacht ist. Transporter- und Reisemobil-Felgen werden dabei wie Pkw-Felgen behandelt. Zum Prozedere gehört die Umlaufbiegeprüfung, bei der die Felge an der Radaufnahme und am inneren Felgenhorn rundum eingespannt wird. Dann wird ein umlaufendes Biegemoment aufgebracht, das die Kräfte und Lastwechsel bei Kurvenfahrt simuliert. Der erste Testlauf umfasst 200.000 "Lastspiele", der zweite mit geringerem Biegemoment 1,8 Millionen.

Für die Tragfähigkeit besonders interessant ist die Abrollprüfung. Dabei rollt die Felge mit Reifen auf einer Stahlwalze bei Tempo 60 bis 100 km/h mindestens 2.000 km weit. Das Rad wird dabei mit dem 2,5-Fachen der nominellen Tragfähigkeit belastet; also eine Felge, die 1.000 kg Tragfähigkeit verspricht, wird mit 2500 kg belastet. Anschließend darf die Felge keinerlei Anzeichen von Anrissen aufweisen. Beim Impact-Test fällt ein Prüfkörper seitlich aufs Felgenhorn. Damit wird die Robustheit der Felge beim seitlichen Rutschen gegen einen Bordstein getestet.

Zum Standardprogramm gehört zudem die Werkstoffprüfung, bei der das Felgenmaterial selbst auf Festigkeit und Homogenität untersucht wird. Bei der abschließenden Anbauprüfung wird noch getestet, ob die Felgen-Reifen-Kombination pro- blemlosins Radhaus des Fahrzeugmodells passt.

Die Sache bleibt also etwas vertrackt. Bei Serienfahrzeugen auf Orginalfelgen kann man davon ausgehen, dass die Tragfähigkeit reicht, solange man die Achsen nicht überlastet. Wer über eine Auflastung nachdenkt, ist dagegen mit tragfähigen Nachrüstfelgen auf der sicheren Seite.

Ganzjährig einsetzbare Allwetterreifen sind eine Alternative.

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